Ratgeber Gehen - Bewegung fördern & aktive Teilhabe für Reha-Kinder

Was ist die ICF und warum ist sie so wichtig? Grundlage einer Hilfsmittel-Versorgung sind nicht nur gesetzliche Vorgaben wie der Leistungsanspruch auf Hilfsmittel, Selbstbestimmung und Teilhabe im SGB XI. Bei der Begutachtung und Begründung von Hilfsmittel-Versorgungen muss die ICF berücksichtigt werden. ICF bedeutet „International Classification of Functioning, Disability and Health“. (deutsch: „Internationale Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit“) Die ICF ist eine Klassifikation der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die erstmals 2001 erstellt und herausgegeben wurde und als weltweit anerkannter Standard gilt. Sie beschreibt die aktuelle Funktionsfähigkeit, Aktivität und Teilhabe eines Menschen, um daraus Teilhabeziele, Fördermaßnahmen und Prozessempfehlungen abzuleiten. Bedeutung der ICF für die Hilfsmittel-Versorgung Hilfsmittel sollen den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern, einer drohenden Behinderung vorbeugen oder eine Behinderung ausgleichen. Für die erfolgreiche Versorgung mit einem Hilfsmittel muss ein individuelles Versorgungskonzept für das Kind erstellt werden. Dazu wird die Klassifizierung nach dem bio-psycho- sozialen Modell der ICF mit einbezogen. Dieses Modell beschreibt einen aktuellen Gesundheitszustand und die Wechselwirkung zwischen den Komponenten. Mit Hilfe der ICF wird beschrieben, was das Kind kann und welche Hilfe und Förderung es benötigt. Zielsetzung: Hilfsmittel-Versorgung Gehwagen Mit Hilfe der ICF-Klassifizierung wird z.B. eine Versorgung mit einem Gehwagen für Kinder beantragt. Die zielorientierte Begründung der Versorgung ist immer besser, als später einen Widerspruch formulieren zu müssen. Ein Beispiel: Gesundheitsproblem: ataktische Cerebralparese Körperfunktionen und -strukturen: • niedrige Muskelspannung (Hypotonie) erhöhen • Kräftigung der Rumpf- und Beinmuskulatur • Verbesserung der Vital-Funktionen Aktivität: zielgerichtet und kontrolliert 100 Meter mit einem Gehtrainer in Innenräumen bewältigen Teilhabe: im Kindergarten zwischen verschiedenen Räumen selbstständig wechseln, Treffen mit Freunden aus Nachbargruppen auf Augenhöhe Umweltfaktor: barrierefreier Raumwechsel im Kindergarten möglich, geeignetes Hilfsmittel (Gehwagen für Kinder) steht zur Verfügung Personenbezogener Faktor: Motivation schaffen zum selbstständigen Gehen mit einem Hilfsmittel, kognitive Fähigkeit zum Lenken vorhanden Das Recht auf Teilhabe „Immer wieder ist von dem Recht auf „Teilhabe“ die Rede, also dem „Einbezogensein in eine Lebenssituation“. Für Menschen mit Behinderungen besteht sogar ein gesetzlicher Anspruch auf Teilhabe im SGB IX und damit auch auf Hilfsmittel wie Gehtrainer. Denn diese fördern die Selbstbestimmung und das gleichberechtigte Miteinander am gesellschaftlichen Leben. Diese aktive Teilhabe ist ein wichtiger Baustein in der kindlichen Entwicklung.“ Daniel Feick – Medizinprodukte-Berater und Reha-Trainer DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) Körperfunktion und -strukturen Gesundheitsproblem (Gesundheitsstörung oder Krankheit) personenbezogene Faktoren Aktivitäten Partizipation (Teilhabe) Umweltfaktoren Das bio-psycho-soziale Modell der ICF beschreibt einen aktuellen Gesundheitszustand und die Wechselwirkung zwischen den Komponenten. 29

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